NACHRICHTENZENTRUM – An mehreren Universitäten in der Türkei gibt es Proteste gegen die Ernennung eines AKP-Politikers zum Rektor der Boğaziçi-Universität. Vor dem Büro des Rektors auf dem Istanbuler Boğaziçi-Campus wurde eine Mahnwache abgehalten, und es wurden Zelte aufgestellt. Die Studierenden der Technischen Universität Istanbul, aber auch der Universitäten in Ankara und Izmir, haben sich mit dem Protest solidarisiert.
Istanbul: Eingriff in die Autonomie der Universitäten
Vor dem Rektorat der Technischen Universität Istanbul gaben Studierende eine Erklärung ab. Die Erklärung, die von Gökçe Yılmaz verlesen wurde, wertete die Ernennung von Treuhändern an Universitäten als inakzeptablen Eingriff in die Autonomie der Universitäten. Yılmaz erinnerte daran, dass Melih Bulu, der von AKP-Chef Tayyip Erdogan an die Boğaziçi Universität berufen wurde, ein Parteimitglied ist, das seit vielen Jahren für die AKP Politik macht und in der Vergangenheit sogar bei Parlamentswahlen kandidiert hat. Die AKP habe also nicht einen Rektor ernannt, sondern ein Parteimitglied, fügte sie hinzu.
Laut Gökçe Yılmaz will die Regierungspartei die Universitäten unter ihre Kontrolle bringen, um eine wissenschaftliche Ausbildung zu verhindern: „Die AKP muss die akademische Autonomie der Universitäten als Zentren der wissenschaftlichen Produktion bewahren. Sie muss von ihren reaktionären und marktorientierten Eingriffen gegen die Universitäten zurücktreten. Die Regierung mischt sich in die Atmosphäre des freien Denkens ein und muss auf unsere Forderungen hören.” Die Studierenden fordern den Rücktritt von Bulu und Wahlen, die die Meinung aller Universitätsgremien berücksichtigen.
Ankara: Holen wir uns zurück, was uns gehört!
An der Universität Ankara zogen die Studierenden in Solidarität mit der Boğaziçi-Universität mit Transparenten und Schildern über den Campus. Die Polizei riegelte den Haupteingang zum Campus ab, woraufhin die Demonstration durch einen Seiteneingang ging. Journalisten wurde der Zugang von der Polizei verwehrt. Daraufhin skandierten die Studenten: „Polizei raus, Journalisten rein!”
Helin Sude Gümüş, eine Studentin bei der Demonstration, sagte, dass Studierende aus allen Fakultäten der Universität Ankaras sich solidarisch mit ihren KommilitonInnen in Istanbul zeigten. Sie erinnerte daran, dass die Studierenden in Istanbul die Proteste Anfang letzter Woche begonnen hatten und ihre Wohnungen bereits am nächsten Tag von einer martialischen Polizei gestürmt wurden. Dabei wurde Gewalt angewendet und die Betroffenen sowie ihre Angehörigen mit Schusswaffen bedroht. Es wurde versucht, die Studierenden, die von ihrem demokratischen Recht auf Protest Gebrauch machten, einzuschüchtern.